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Themen 2024
Strategie und Zukunft
Herausforderung DORA
Ob Einzelpersonen oder Unternehmen: Digitale Sicherheit betrifft alle. Mit der Umsetzung von DORA schützen die Sparkassen nicht nur Daten und Systeme, sondern auch das Vertrauen jedes Einzelnen in eine verlässliche Finanzwelt.
Der DORA (Digital Operational Resilience Act) hat die Sparkassen in Hessen und Thüringen im Jahr 2024 im Bereich Information, Kommunikation und Technologie (IKT) sehr stark beschäftigt. Die Verordnung, welche zum 17. Januar 2025 zur Anwendung gekommen ist, hat das Ziel, den europäischen Finanzmarkt besser vor Cyberangriffen zu schützen. Die Anforderungen, die der DORA an die Betroffenen stellt, sind sehr detailliert und konkret beschrieben und werden durch technische Regulierungs- und Implementierungsstandards (sog. RTS und ITS) ergänzt.

Die Herausforderung für die Sparkassen in Hessen-Thüringen besteht nun in der Umsetzung der Verordnung. Der DSGV hat in einem Projekt die gesamte Thematik aufgearbeitet und mit zahlreichen Werkzeugen und Empfehlungen dazu beigetragen, dass die Sparkassen bei der Umsetzung eine sehr konkrete Unterstützung erhalten haben. Gleichwohl mussten und müssen die Sparkassen bei der Umsetzung an ihre Grenzen gehen, da u. a. sämtliche IKT-Dienstleister kontaktiert werden mussten, um eine DORA-konforme Vertragsgestaltung zu gewährleisten. Gleichzeitig fordert der DORA, dass Daten zum IKT-Dienstleister und seinen Unterauftragnehmern zu erheben und nachzuhalten sind, die in einem Informationsregister dokumentiert werden müssen und an die Bankenaufsicht zu melden sind. Neben den Auflagen für IKT-Drittdienstleister sind weitere Bestimmungen definiert worden, die auch das IKT-Risikomanagement betreffen. Zukünftig muss mindestens jährlich ein Bericht über den IKT-Risikomanagementrahmen erstellt und dem Leitungsorgan vorgelegt werden. Auf Verlangen ist dieser Bericht auch der Bankenaufsicht zur Verfügung zu stellen.
Aktuelle Entwicklungen der KI in der Sparkassenpraxis
Die Sparkassen-Finanzgruppe setzt seit einiger Zeit auf den gezielten Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), um Innovationen voranzutreiben und Wettbewerbsvorteile zu sichern. Das zentrale Projekt KISPA (Künstliche Intelligenz in der Sparkassenpraxis) schafft Transparenz über bestehende Anwendungen, fördert Synergien und definiert klare Leitlinien für den verantwortungsvollen Umgang mit KI.
Bereits heute sind zahlreiche KI-Lösungen „unsichtbar“ in vielen Bereichen integriert. So ermöglichen Funktionen wie die automatische Umsatzkategorisierung oder die Fotoüberweisung in der App Sparkasse eine komfortable Nutzung für Kunden.

Neue KI-Lösungen wie der Chatbot Linda+, der Kundenservice und -kommunikation verbessert und gleichzeitig das Kundenservicecenter entlastet, steht den Sparkassen bereits zur Verfügung. Im Bereich Marketing unterstützt KI bei der Analyse und Optimierung von Werbemitteln. Anwendungsfälle wie DFKO (Digitalisierung Firmenkunden Offenlegungsprozess) extrahieren Daten aus Jahresabschlüssen und EBIL zur Auswertung von Bilanzzahlen im Firmenkundengeschäft.
Der neue „S-KIPilot“, ein textbasierter Chatbot, ist der persönliche Assistent am Arbeitsplatz. Er erstellt Textentwürfe, analysiert Dokumente oder übersetzt Fachtexte – und entlastet so Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spürbar.
Die strategischen Ziele der Sparkassen-Finanzgruppe sind klar definiert: Kundenzufriedenheit, Effizienzsteigerung und die Bewältigung des Fachkräftemangels stehen im Fokus. KI soll nicht dazu dienen, Menschen zu ersetzen, sondern vielmehr, um Lücken zu schließen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlasten. So können beispielsweise zeitintensive Prozesse automatisiert werden, während gleichzeitig die Beratungsqualität durch datenbasierte Analysen verbessert wird. Die Sparkassen stehen damit gut gerüstet vor den Chancen und Herausforderungen, die KI bietet.
Abschluss des Rollouts "Neue Banksteuerung"
Die bisherige Zielsetzung der Risikotragfähigkeit musste auf Basis zweier von der Aufsicht geforderter RTF (Risikotragfähigkeits-)-Perspektiven weiterentwickelt werden. Die Zielsetzung war dabei, den „Gläubigerschutz durch eine ökonomische Risikomessung mit hohem Konfidenzniveau“ sicherzustellen und die „Sicherung der Fortführung über die normative Perspektive (Kapitalplanung)“ zu gewährleisten. Die ökonomische Perspektive baut dabei auf dem Konzept einer barwertigen bzw. marktwertorientierten Bestimmung des Risikodeckungspotenzials und der Risiken auf, wobei das ökonomische Risikodeckungspotenzial als „limitierender Faktor“ in der Risikosteuerung wirkt.
Daneben sind die Auswirkungen von Stresstests auf das ökonomische Risikodeckungspotenzial zu betrachten. Die als gleichberechtigt anzusehende normative Perspektive baut auf der bisherigen Kapitalplanung auf und fordert Szenarioanalysen (Planszenario und adverse Szenarien) über einen mindestens dreijährigen Zeithorizont.
Zur Unterstützung der Umsetzung der neuen Anforderungen an die Risikotragfähigkeit wurden für alle Sparkassen durch die Sparkassen Rating und Risikosysteme GmbH und die Finanz Informatik GmbH & Co. KG sowohl neue Methoden als auch neue IT-Module entwickelt und zusammen mit den Regionalverbänden seit dem Jahr 2019 im Rahmen eines Rollouts bei den Sparkassen eingeführt.
In der ersten Phase des Rollouts wurden bis zum 31. März 2023 zunächst erfolgreich und zeitgerecht die Methoden und IT-Anwendungen zur Umsetzung der neuen ökonomischen Perspektive ausgerollt. In der zweiten Phase des Rollouts wurde mit der Anwendung GBS (Gesamtbanksimulation) ein Instrument zur Umsetzung der normativen Perspektive, d. h. zur integrierten, szenarioabhängigen Simulation von Kennzahlen der Gesamtbanksteuerung bezogen auf einen mehrjährigen Zeithorizont, eingeführt. Ziel ist es, auf aggregierter Ebene in einem mehrere Perioden umfassenden Zeitraum integriert Bilanz-, GuV- und diverse Profitabilitäts- und regulatorische Kennzahlen (inkl. RWA-Simulation) zu simulieren. Die Anwendung GBS stellt dabei die zentrale IT-Lösung zur Umsetzung der neuen Risikotragfähigkeit innerhalb der Sparkassen dar. Diese beinhaltet die Berechnung der ökonomischen Risikotragfähigkeit, die Erstellung einer Gesamthausplanung, die Berechnung von Szenarien im Kontext der normativen Risikotragfähigkeit sowie einen unterjährigen Betriebsvergleich bzw. eine standardisierte Hochrechnung von verschiedenen Ergebnisgrößen und aufsichtlichen Kennzahlen. Diese zweite Phase des Rollouts wurde am 31. Juli 2024 erfolgreich abgeschlossen.
Das neue Risikomonitoring der Institutssicherung in der S‑Finanzgruppe Hessen-Thüringen
Die Einführung der neuen Banksteuerung in den Sparkassen mit einer normativen und ökonomischen Perspektive sowie Anmerkungen von EZB und BaFin im Rahmen des Deep Dive im Institutssicherungssystem (IPS) der Sparkassen-Finanzgruppe bringen erheblichen Anpassungsbedarf im bundesweiten Risikomonitoring mit sich. Nach Abschluss sämtlicher Arbeiten wird ein bedarfsgerechtes, state-of-the-art-Risikomonitoring für die ganze Sparkassen-Finanzgruppe vorliegen. Vor diesem Hintergrund haben die zuständigen Gremien der S-Finanzgruppe Hessen-Thüringen entschieden, das bislang parallel verwendete regionale Ampelsystem einzustellen und ausschließlich das weiterentwickelte bundesweite Risikomonitoring einzusetzen.

Das Risikomonitoring besteht wie bisher aus vier Säulen, die wesentliche aufsichtsrechtliche und betriebswirtschaftliche Stellgrößen einer Sparkasse in den Blick nehmen. Säule 1 umfasst das „Eigenkapital“ und betrachtet mit einer für das IPS modifizierten harten Kernkapitalquote sowie der Verschuldungsquote den wichtigen Aspekt einer ausreichenden Kapitalisierung. In die Säule 2 „Liquidität“ fließen die aufsichtsrechtlichen Kennzahlen „LCR“ (Liquiditätsdeckungsquote) und „NSFR“ (strukturelle Liquiditätsquote) ein, mittels derer die kurz- bzw. langfristige Refinanzierungsfähigkeit beleuchtet wird. Säule 3 „Risikotragfähigkeitsurteil“ nimmt die Fähigkeit eines Institutes, Risiken adäquat abschirmen zu können, in den Blick. Im Mittelpunkt dabei stehen die Einhaltung regulatorischer Kapitalquoten in einem einheitlich für alle Sparkassen geltenden adversen Szenario (normative Perspektive) und die Gegenüberstellung von barwertig ermittelten Risiken zu einem barwertig berechneten Risikodeckungspotenzial (ökonomische Perspektive). In der Säule 4 „Ertrags- und Risikolage-Kennziffer (ErRi)“ werden sechs prominente betriebswirtschaftliche und aufsichtsrechtliche Kennzahlen zusammengefasst. Eine harte Kernkapitalquote aus der Säule 1 kann bei einem Wert ab 16% die Farbeinstufung in der ErRi um eine Stufe verbessern. Damit wird das niedrigere Stützungsfallrisiko eigenkapitalstarker Institute gewürdigt.
Das Abschneiden in den vier Säulen wird schließlich anhand einer feststehenden Regel zu einer quantitativen Gesamteinstufung zusammengeführt und mittels Ampelfarben visualisiert.
Das quantitative Risikomonitoring wird auch nach Abschluss sämtlicher Arbeiten in einem fortlaufenden Prozess auf Weiterentwicklungsbedarf untersucht. Trotz aller dargestellten Verbesserungen am quantitativen Risikomonitoring kommt der Arbeit von Risiko- und Stützungsfondsausschuss auch weiterhin eine sehr hohe Bedeutung zu, denn dort werden unverändert auf Basis ergänzender qualitativer Informationen die Endeinstufungen der Sparkassen im Risikomonitoring festgelegt.
Neue Verbundstrategie der S‑Finanzgruppe Hessen-Thüringen
Die Sparkassen in Hessen und Thüringen und die Landesbank Hessen-Thüringen haben sich in 2003 mit der gemeinsamen „Strategie der Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen“ (Verbundstrategie) einen strategischen Rahmen gegeben. Die Verbundstrategie beschreibt die grundsätzliche geschäfts- und risikopolitische Ausrichtung der Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen als eigenständig agierender Verbund sowie die Zusammenarbeit in diesem Verbund. Im Rahmen der jährlichen Aktualisierung wird die Verbundstrategie seitdem an neue Chancen und Herausforderungen des Geschäftsumfeldes angepasst.
Daneben besteht auf Ebene des DSGV die Geschäftsstrategie für die Sparkassen. Diese bundesweite Geschäftsstrategie wurde in 2023 grundlegend überarbeitet. Wesentliche Kernaussagen, Themenfelder und verschiedene Zielkennziffern der bundesweiten Geschäftsstrategie wurden im Rahmen der Aktualisierung der Verbundstrategie in 2024 in diese integriert.

Wie die bundesweite Geschäftsstrategie definiert auch die Verbundstrategie als Oberziele Kundenzufriedenheit, Marktrelevanz und ökonomische Robustheit. Die Bedeutung des regionalen Verbundes mit der Helaba kommt in einem weiteren spezifischen Oberziel zur Verbesserung der Verbundzusammenarbeit zum Ausdruck. Jedem Oberziel sind zur Überprüfung der Zielerreichung quantifizierte Verbundziele zugeordnet.
Alle strategischen Themenfelder der bundesweiten Geschäftsstrategie sind in der Verbundstrategie auf der nachgeordneten Ebene den folgenden fünf Teilstrategien zugeordnet:
• Markt und Vertrieb
• Ressourcen
• Risiko und ökonomische Robustheit
• Digitalisierung
• Nachhaltigkeit
Auf Ebene der Teilstrategien wurden erstmals ebenfalls Zielkennziffern hinterlegt. Diese stammen aus der bundesweiten Geschäftsstrategie für die Sparkassen, beschreiben die Ambitionsniveaus der strategischen Themenfelder konkret und überprüfbar und decken die wesentlichen Geschäftsaktivitäten der Verbundinstitute ab.
Die erfolgreich abgeschlossene Überarbeitung der Verbundstrategie in diesem Jahr stellt somit auch für die Zukunft sicher, dass alle Verbundinstitute eine hilfreiche Unterstützung bei der Entwicklung ihrer eigenen Strategien heranziehen und die Belange des Verbundes im Blick halten können.